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Zwischen Gießen und Linden liegen große Brauneisensteinlagerstätten. Bauern sammelten früher die an der Oberfläche liegenden Brocken auf und verkauften sie als Dünger. Im 19. Jh. zeigten genaue Analysen, dass diese Klumpen aus Brauneisenstein bestehen und einen so hohen Mangananteil besaßen und dass dieses das größte Manganvorkommen im Deutschen Reich war. Da Mangan zur Herstellung von Edelstahl und zur Chlorherstellung (das als Bleichmittel in der Textilindustrie verwendet wurde), sehr begehrt war, erlebte der Brauneisensteinabbau in der sog.  Lindener Mark in der Folgezeit eine einzigartige Blüte.

Vorgeschichte

Die Manganeisensteingruben der Lindener Mark gehören zu den bedeutendsten und größte ihrer Art in Deutschland und im früherem Deutschem Reich. Das wichtigste Bergwerk war die Grube Fernie der Gießener Braunsteinbergwerke, die noch bis 1973 in Betrieb war. Das Bergbaugebiet lag am südlichen Stadtrand von Gießen und gliederte sich durch die Eisenbahnstrecke Kassel-Gießen-Frankfurt in einen nördlichen und einen südlichen Grubenteil.

Weitere Brauneisensteingruben mit Mangananteilen lagen in der Wetterau und am Rand des Taunus, jedoch mit geringer Bedeutung.

 

Auf der Grube Fernie der Gewerkschaft Gießener Braunsteinbergwerke wurden bis 1967 phosphorarme Manganeisenerze abgebaut. Hiermit nahm die Grube Fernie während der beiden Weltkriege einen herausgehobenen Platz innerhalb der deutschen Manganversorgung ein. Das Erz eignete sich zur Herstellung von Spiegeleisen, das als Legierungsmetall und der Manganverbindungen vor allem in der Stahlindustrie und zur Herstellung von Chlor als Bleichmittel in der Textilindustrie von großer Bedeutung ist. Die höchste Mangankonzentration fand man in einer Kruste im Nordfeld der Grube.(Heute: Unterhof)

Die Erzlager waren bis zu 31m mächtig und besaßen einen Mangangehalt von durchschnittlich 12-14%.

 

Geschichte

 

Im 19. Jahrhundert

 

Nachdem die Eisenlagerstätten schon längere Zeit bekannt waren regte 1841 der Großherzoglich Hessischen Berginspektors Storch die bergmännische Gewinnung der Lagerstätte an. Unter Mitarbeit des Hofgerichts-advokaten Briel und dessen Schwager Metzler wurde ein diesbezüglicher Gesellschaftervertrag geschlossen. Am 9. März 1843 erfolgte die Verleihung des Bergwerksfeldes „Gießener Braunsteinbergwerke" an Briel durch den Großherzog von Hessen, Ludwig II., auf Braunstein, Eisenstein, Blei, Kupfer und Kobalt. Briel erhielt von 1846 bis 1874 mehrere Schürf- und Mutungsrechte. Die Verleihung an Briel muss wohl zu ständigen Zerwürfnissen der Gesellschafter geführt haben, so dass in deren Folge Storch und Metzler ihre Anteile an Ebenezer Waugh Fernie übertrugen, der sehr erfolgreichem aber nicht ganz unumstrittenen britischen Bergbauunternehmer war. Nach ihm wurde der Tagebau Feldwiesen benannt.

Nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen gingen die zunächst von Briel und Fernie getrennt geleiteten Unternehmen auf Fernie alleine über.

 

Manganhaltiger Brauneisenstein wurden zunächst im Tagebau in der Nähe des heutigen Unterhofes abgebaut. Später erfolgte der Abbau in Schächten oder durch Stollenbetrieb, wobei in den ersten Jahrzehnten das Gestein 60-80% Mangandioxid enthielt. Die Aufbereitung der Erze erfolgte an der Grube selbst oder in der Nähe des Bahnhofs. An der Erzwäsche waren bereits 1857 ca. 370 Personen beschäftigt.

Manganhaltiger Brauneisenstein eignet sich unter Erhitzung mit Salzsäure zur Herstellung von Chlor, das als Bleichmittel in der Textilfabrik benötigt wurde. Abnehmer fanden sich bald in alles Textilzentren Europas. Auch die Glas- und Keramikindustrie verwendete Manganverbindungen.

 

Mit der Erfindung des Bessemer-Verfahrens und des Thomas-Verfahrens stieg die Nachfrage nach den Erzen in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts sprunghaft an, da das Mangan in der Eisenindustrie zur Stahlveredelung gebraucht wurde.

Die Erze wurden per Schiff zunächst nach England ausgeführt, da die englische Stahlerzeugung viel weiterentwickelt war und Fernie dort eigene Werke und Stammabnehmer hatte Ab 1850 folgte der Bahnversand.

1864 betrug die Grubenbelegschaft 210 Mann und war damit schon ein Großbetrieb.

Im Jahre 1883 wurden ca. 69 000 t manganreiches Eisenerz gefördert werden.

 

Fernie und sein Bergwerksdirektor Peter William Wilson investierten vor allem in Förder- und Verladekapazitäten. Statt Handschiebekarren oder Pferde wurde eine Grubenbahn mit Kippwagen errichtet. Ab 1879 bestand eine 1,4 km lange Seilbahn zum Bahnhof in Gießen.

 

Fernie konzentrierte sich ab den 1880er Jahren auf die Gewinnung von Eisenmanganerz, womit er bereits aus Schottland und Wales Erfahrungen hatte. Abnehmer der Eisenmanganerze waren die Hüttenwerke von Buderus und den Gebrüdern Stumm. (Stumm war eines der größten deutschen Stahlunternehmen mit Werken in Lothringen, im Saar- und Ruhrgebiet).

 

1897 wurde mit etwa 600 Bergleuten in fünf Tagebauten mit ca. 122 000 t die höchste Förderung im 19. Jh. erreicht.

 

Nach dem Tode von Ebenezer Waugh Fernie im Jahre 1869 leitete sein Sohn Charles Witherington Bruce Fernie das Unternehmen, das nach verschiedenen Unternehmensumwandlungen 1898 in das Unternehmen „Gewerkschaft Gießener Braunsteinbergwerke vormals Fernie zu Gießen“ mit 1000 Anteilen umgewandelt wurde. Ein Anteil (Kux) hatte bald einen so hohen Wert, dass eine große Nachfrage auf dem

Kuxenmarkt bestand. Die Gewinne daraus ermöglichten der Finanzierung der beginnenden untertägigen Erzförderung.

 

Anfand des 20. Jahrhunderts

 

Nach der Jahrhundertwende wurde der nördliche Grubenfeldteil großzügig erschlossen und eine Verlade-stelle an der Bahnlinie Gießen-Gelnhausen geschaffen. Der Friedrich-Wilhelmschacht im Nordfeld diente als Maschinenschacht für den Stollenbau. 1916 war er 47m tief und ermöglichte den Abbau auf der 47m tiefen Sohle in 1200m. Bis 1916 hatte man ca. 5 Millionen Tonnen Roherz gefördert.

Das manganhaltige Eisenstein aus der Lindener Mark war weltweit inzwischen so bekannt, dass man sich förmlich darum riss. Delegationen aus vielen Ländern besuchten das Bergwerk.

 

Im neuen Jahrtausend erhielt die Grube 1904 eine eigene Stromversorgung. Die Stromgeneratoren wurden noch mit Dampfmaschinen betrieben, die zunächst 220 V Gleichstrom für die Beleuchtung, später 500 V für den Maschinenantrieb lieferten.

Durch eine Stiftung wurde 1910 ein Knappschaftslazarett. Die bereits 1845 eingerichtete Knappschaftskasse wurde 1924 mit der Knappschaftskasse Weilburg vereinigt.

 

1916 erwarb die Firma Krupp die Kuxenmehrheit, um die kriegsbedingte gefährdete Manganversorgung abzusichern. Gegen Ende des Krieges wurden mit fast 1300 Mitarbeiter, darunter auch Kriegsgefangene, mit ca. 250 000 t das höchste Förderungsergebnis des Unternehmens erzielt.

 

Als die Vorräte dieses Schachtes erschöpft waren, erschloss man in der Gemarkung Großen-Linden neue Lagerstätten. Die Schächte „Hahnenkopf“ und „Eichelstück“ wurden abgeteuft und die Tagebaue „Eichelstück““ und „Gerichtshaus“ vorgerichtet. 1917 begann die Förderung in der neuen Betriebsabteilung „Gießen II“.

 

Während der Krisenjahre nach dem Ersten Weltkrieg stieg der Konkurrenzdruck, auch wegen zunehmender Importe aus der Ukraine. Es wurde viel auf Halde produziert, regte aber auch zur weiteren Mechanisierung an. Dennoch mussten viele Mitarbeiter entlassen werden.

 

Von 1930 an erfolgte der Betrieb hauptsächlich vom 67 m tiefen „Alfredschacht“ bei Großen-Linden (Gießen II) aus, während des Krieges ausschließlich von dort. Der Grubenbetrieb wurde ab 1930 der „Sieg-Lahn Bergbau GmbH“ übertragen, der ab 1943 der gesamte Betrieb überlassen wurde. Die rheinisch-westfälischen Hüttenwerke wurden verpflichtet, einen großen Teil der Fernie-Erze abzunehmen.

 

Die Belegschaft wehrte sich vergeblich gegen die Verpflichtung zu Sonderschichten an Sonntagen. Mitarbeiter wechselten zu anderen Betrieben, nicht zuletzt wegen der niedrigen Löhne bei Fernie. Bis zum Ende der Förderung 1945 wurden 830 000 t Eisenerz gefördert.

 

 

Der Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1953 als Holding für den Erzbergbau die Barbara Erzbergbau AG mit Sitz in Siegen, später Düsseldorf gegründet. Ihr unterstanden Bergverwaltungen in Mittel- und Süddeutschland, auch die in der Lindener Mark.

 

Der Tagebau in Großen-Linden am Feldwiesenweg wurde zwar wieder in Betrieb genommen, 1949 musste jedoch die Hälfte der Belegschaft entlassen werden.

Vom Alfredschacht aus  wurde 1956 letzte Strecke angefahren, die aber bald unter starken Wasserzuflüssen litt. Der Mangangehalt der Erze war weiter bis auf 10% gesunken. Der Absatz der Grube ging zurück und das Gesamtergebnis konnte nur durch die Gewinne aus dem angeschlossenen Kalkwerk ausgeglichen werden.

 

Der Korea-Krieg steigerte noch einmal die Nachfrage nach Mangan- und Eisenerzen und steigerte den Absatz noch einmal auf ca. 95 000 t, aber das Ende der Erzgewinnung zeichnete ich ab.

 

Die Grube förderte noch bis Ende 1967 und wurde dann stillgelegt. Nur wenige Arbeitskräfte bereiteten noch das auf Halde liegende Erz zu Manganschlemme auf.

Als „Ersatzbetrieb" wurde ein Tagebau in Schottenbach südlich von Weilburg eröffnet. Der Betrieb wurde von den Barbara Rohstoffbetrieben an das Bergbauunternehmen Otto Schmidt in Oberneisen verpachtet, dessen Nachfolger noch bis in das Jahr um 2000 produzierte.

 

Heutige Situation

 

Das Gelände südwestlich und südlich von Gießen im Bereich des Bergwerkwaldes vermittelt heute noch ein Bild von den bergmännischen Aktivitäten. In den Gruben der Tagebauten und Bombentrichtern sammelten sich Seen, die anderen Bereiche sind inzwischen  mit Wald bedeckt.

Nachdem es schon 1955 und 1972 unter Naturschutz gestellt wurde, erklärte man es im Jahre 2001 zum Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Natura 2000 und Naturschutzgebiet.

Im Oberhof war 1903 eine repräsentative Direktionsvilla errichtet worden, die weiterhin genutzt wird.

Außerdem wurden dort noch weitere Beamtenhäuser, das Verwaltungsgebäude, ein Trinkwasserhochbehälter und eine Hufschmiede errichtet, von denen noch einzelne Bauten vorhanden sind. Am Unterhof findet man das ehemalige Schlafhaus. Weitere Gebäude sind erhalten.

Literatur: Detaillierte Angaben finden Sie in: in: Rolf Georg, Rainer Haus, Karsten Porezag in "Eisenerzbergbau in Hessen", herausgegeben vom Förderverein Besucherbergwerk Fortuna e.V. Wetzlar 1985, S. 50-67 (Artikel: Dr.  Rainer  Haus)

und: Rainer Slotta: Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland Bd. 5/1, Hrsg.: Deutsches Bergbau-Museum Bochum 1986, S. 11007-11015

In beiden Artikeln finden Sie zahlreichhe historische Aufnahmen, die oben abgebildet und entsprechend gekennzeichnet sind.

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